Bestandteile des Wissens und Könnens im Arbeiten mit Funktionen und Phasen der Entwicklung

Bestandteile des Wissens und Könnens

Der Entwicklungsprozess des Wissens und Könnens eines Schülers[1] zum Arbeiten mit Funktionen bis zur Klasse 10[2] kann in folgende Teilprozesse (Bestandteile des Wissens und Könnens) untergliedert werden, wobei Unterschiede im Bildungsgang an Regionalen Schulen (RBG) und an Gymnasien (GBG) zu beachten sind.

1. Kenntnis von Grundbegriffen
z. B. Funktion; Definitionsbereich; Wertebereich; Argument; Stelle; u. a.

2. Kenntnis der Definition und spezieller Eigenschaften sowie Können im Modellieren von Sachverhalten zu folgenden Funktionen:

  1. lineare Funktionen, insbesondere direkte Proportionalität
  2. quadratische Funktionen
  3. Potenzfunktionen, insbesondere umgekehrte Proportionalität
  4. Exponential- und Logarithmusfunktionen (nur GBG)
  5. Winkelfunktionen

3. Wissen und Können zu Merkmalen von Funktionen

  1. Änderungsverhalten (Monotonieverhalten, Wachstumsverhalten)
  2. Nullstellen
  3. Verhalten im Unendlichen (nur GBG)
  4. Verhalten an Polstellen (nur GBG)
  5. Symmetrieeigenschaften
  6. Einfluss von Parametern auf Eigenschaften und den Graphen der Funktion
  7. Extremstellen und Extremwerte (nur GBG)

4. Können im Arbeiten mit Graphen

  1. Arbeit mit einem Koordinatensystem
  2. Skizzieren eines Graphen zu einem Sachverhalt
  3. Lesen und Interpretieren eines Graphen
  4. Vergleichen von zwei Graphen

5. Können im Durchführen dynamischer Betrachtungen zu funktionalen Zusammenhängen (funktionales Denken i. e. S.)

Phasen der Entwicklung

Die Entwicklung des Wissens und Könnens durchläuft folgende Phasen, die jeweils durch ein bestimmtes Verhältnis inhaltlicher und formaler Aspekte charakterisiert sind.

Phase 1: Vorschulische und schulische Entwicklung bis Klasse 4, Propädeutik

In dieser Phase dominieren beispielhafte inhaltliche Betrachtungen. Die Schülerinnen und Schüler erleben in verschiedenen Zusammenhängen, dass einem mathematischen oder außermathematischen Objekt ein anderes zugeordnet werden kann. So kann jeder natürlichen Zahl ihr Nachfolger bzw. (außer der Zahl Null) ihr Vorgänger zugeordnet werden. Sie sollen Zuordnungen in Sachsituationen erkennen und diese sprachlich sowie in Tabellen darstellen können. Sie lernen Tabellen kennen, bei denen zu gegebenen Zahlen Terme aus diesen Zahlen gebildet werden sollen. Im Zusammenhang mit der Arbeit mit Größen und der Auswertung statistischer Daten stellen sie funktionale Zusammenhänge in Diagrammen dar.

In einfachen Sachsituationen sollen bereits proportionale Zuordnungen untersucht werden.

Insbesondere beim Umgang mit Größen aber auch in der Geometrie stellen die Schülerinnen und Schüler erste dynamische Betrachtungen zu funktionalen Zusammenhängen an.

Phase 2: Orientierungsstufe, Dominanz des inhaltlichen Arbeitens

Mit den geometrischen Abbildungen Spiegelung, Verschiebung und Drehung lernen die Schülerinnen und Schüler Zuordnungen von Punkten in der Geometrie sowie die Begriffe Original und Bild kennen.

Im Zusammenhang mit den Formeln für Umfang und Flächeninhalt von Figuren können dynamische Betrachtungen angestellt werden.

Phase 3: Klassen 7, Übergang zum formalen Arbeiten

Ein wesentlicher Knotenpunkt in der Entwicklung des Wissens und Könnens zu Funktionen ist die Behandlung der direkten und umgekehrten (indirekten) Proportionalität, die in einigen Bundesländern bereits in der Orientierungsstufe erfolgt. Es werden Beiträge zu fast allen inhaltlichen Aspekten, insbesondere zum 1., 4. und 5. Teilprozess geleistet.

Phase 4: Klassen 8 und 9, Dominanz des formalen Arbeitens

Nach der Einführung des Wortes „Funktion“ und dem formalen Aspekt des Funktionsbegriffs als eindeutige Zuordnung werden lineare und quadratische sowie im gymnasialen Bildungsgang auch Potenzfunktionen systematisch behandelt. Die Schüler lernen für jeden Funktionstyp die wesentlichen Eigenschaften kennen und lösen neben einigen Anwendungen vor allem formale Aufgaben.

Phase 5:

Realschulbildungsgang: Kl. 10:  Dominanz inhaltlicher Aspekte

In dieser Jahrgangsstufe erfolgt im Zusammenhang mit der exemplarischen Behandlung der Potenz-, Exponential- und Winkelfunktionen sowie der Prüfungsvorbereitung eine Systematisierung und Verallgemeinerung der Kenntnisse und Vorstellungen zu Funktionen.  Der Schwerpunkt liegt dabei auf den inhaltlichen Aspekten des Funktionsbegriffs und des Arbeitens mit Funktionen.

Gymnasialer Bildungsgang: Kl. 10: Dominanz inhaltlicher Aspekte, Systematisierung und Erweiterung der Kenntnisse und der inhaltlichen Vorstellungen zu Funktionen

Die Klasse 10 im gymnasialen Bildungsgang sollte als Einführungsphase der Gymnasialen Oberstufe neben einer Erweiterung der formalen Kenntnisse zu drei Funktionstypen (Exponential-, Logarithmus- und Winkelfunktionen) alle behandelten Funktionen aus Sicht von generellen Merkmalen systematisieren und inhaltliche Vorstellungen zu Grundbegriffen der Analysis (Monotonie, Grenzwert, Verhalten im Unendlichen,  Verhalten an Polstellen, Extremstellen u. a. ) in der Qualifikationsphase entwickeln.

 

[1] Bei Bezeichnungen von Personen oder Personengruppen sind immer beide Geschlechter gemeint.

[2] Die Klasse 10 ist im gymnasialen Bildungsgang bereits die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe.